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Stefan Heymann

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Fotografieren im Kreißsaal

Immer wieder gibt es, z. B. auf d.r.f., Diskussionen und Fragen zum Fotografieren im Kreißsaal. Ich möchte hier meine eigenen Erfahrungen festhalten und weitergeben. Ich kann das natürlich nur aus der Perspektive der beiden Geburten machen, die ich selbst als Vater miterlebt habe. Diese Seite widmet sich primär der Fotografie im Kreißsaal, andere Themen bleiben dabei aber nicht unberührt.

Ein wichtiges Grundprinzip: Jede Geburt ist anders. So wie jedes Kind anders ist. Was bei einer Geburt möglich war, kann bei der nächsten völlig undenkbar sein und umgekehrt.

Hangeln wir uns doch einfach mal an den Phasen einer Geburt entlang. Ich gehe mal von einer ganz normalen Geburt aus (im Krankenhaus, kein Kaiserschnitt, keine Saugglocken, Zangen, usw.)

0. Vorbereitung

In jedem Geburtsvorbereitungskurs lernt man, dass man für den Tag X eine Tasche bereit stellen soll, in der die wichtigsten Sachen für die Geburt drin sind. Für den Vater sind hier wichtig: Kekse (eine Geburt kann lange dauern und als Vater wird man vom Krankenhaus nicht unbedingt verpflegt) und natürlich Kamera (Zweitgehäuse falls vorhanden) und Filme.

Als Filme sind hochempfindliche Filme (mindestens 400, besser 800) zu empfehlen. Doch dazu später mehr.

1. Eröffnung (0-10 cm)

In dieser Phase, die recht lang gehen kann, wird viel gelaufen, geatmet, CTG geschrieben, usw. Ob man hier fotografiert, hängt davon ab, wie es der Mutter geht und ob überhaupt lohnenswerte Motive auftreten. Wahrscheinlich eher nicht. Oftmals ist der Vater auch voll in die Wehenarbeit eingespannt. Aber vielleicht kann er ja schon mal einen Film einlegen.

2. Pressphase (10 cm-Geburt)

Hier geht die Post ab. Die Mutter ist voll mit sich und der Geburt beschäftigt, der Vater tut sein Bestes. Gelegenheit zum Fotografieren gibt's wahrscheinlich eher nicht. Und die Hebammen würden sich bedanken, wenn da einer mit der Kamera an den Ort des Geschehens wollte.

3. Geburt, Nachgeburt

Direkt nach der Geburt wird das Baby auf den Bauch der Mutter gelegt und abgenabelt (Papa darf abschneiden, wenn er will). Es wird sofort mit vorgewärmten Tüchern abgedeckt. Die Mutter vergisst schlagartig Stress und Schmerz und freut sich unbändig an Ihrem Kind. Der Vater vergisst schlagartig den ganzen Stress und ist erstmal häppy und platt.

Das Personal dreht das Licht und die Lautstärke etwas herunter, damit das Kind nicht gleich einen Licht-Kälte-Lärm-Flash kriegt.

Ein paar Minuten danach wird an dem verbliebenen Nabelschnurende die Nachgeburt heraus gezogen. Dann ist die eigentliche Geburt vorbei.

4. Bonding, Anlegen

Jetzt kommt eine Phase, in der die kleine Familie eine Weile sich selbst überlassen ist. Die Eltern schauen sich das Baby mal ganz aus der Nähe an, das Baby schaut sich seine Eltern an. In dieser Phase wird die sowieso schon vorhandene Bindung zwischen Mutter und Kind nochmal verstärkt. Da der Vater ab dann sowieso nichts mehr zu melden hat, kann er jetzt einige Fotos machen.

Das Kind wird zum ersten Mal bei der Mutter angelegt. Das ist für Mutter und Kind neu und beide sind da vollauf mit sich selbst beschäftigt, also auch hier wieder Gelegenheit zum Fotos machen. (Auch wenn es ein wichtiger Moment ist – ich halte die hierbei entstehenden Fotos nicht geeignet für außen Stehende. Manchmal werden solche Still-Fotos sogar auf Geburts-Karten geklebt. Da gibt es doch sicher schönere Fotos von den ersten Stunden/Tagen.)

5. Untersuchung "U1"

Noch im Kreißsaal wird von der Hebamme oder einem Arzt die Regeluntersuchung "U1" durchgeführt. Dabei wird das Kind
- abgetastet (sind alle Gliedmaßen dran, alle Wirbel und Rippen)
- gewogen
- vermessen (Körpergröße, Kopfumfang)
Gerade bei der "U1" ist schon ein wenig Zeit zum Fotografieren (siehe das Bild oben). Denn das Kind befindet sich in der Obhut von Hebamme bzw. Arzt und Mama und Papa schauen sowieso nur zu. 

6. Die Zeit danach

Danach bleibt die kleine Familie noch so lange im Kreißsaalbereich, bis es Mutter und Kind soweit gut geht. (Stimmt wirklich: die Mutter darf den Kreißsaalbereich erst verlassen, wenn sie pinkeln war [wenn also klar ist, dass die durch die Geburt zusammen gedrückte Harnröhre wieder "offen" ist]).

Das Kind kommt in einen dieser Roll-Stubenwagen und dann geht's ab auf die Wöchnerinnenstation (oder nach Hause). Hier ist die Familie ganz alleine und hier gibt's wieder Gelegenheit für Tonnen von Fotos.

Foto-Technisches

Auf Blitze reagieren die Kleinen erstaunlich unempfindlich. Trotzdem würde ich ein Neugeborenes nicht anblitzen wollen. Ein hochempfindlicher Film (mindestens 400 ISO, besser 800) ist also Pflicht.

Wer gerne S/W-Fotos macht: Meine Empfehlung hierfür ist ein chromogener S/W-Film (der wie ein Farbfilm entwickelt und verarbeitet wird, also im Prozess C-41). Beispiele für solche Filme sind der Ilford XP2 super und der Kodak BW400CN. Diese Filme haben folgende Vorteile:

Den XP2 habe ich selbst bei der Geburt meines Sohnes benutzt. Er hat eine Nennempfindlichkeit von 400 ASA, kann aber auch mit 800 ASA belichtet werden.

Wenn man diese Filme auf Farbpapier entwickeln lässt, kommen sie in der Regel mit einem Farbstich zurück. Das kann man umgehen, wenn man bei der Auftragserteilung eine entsprechende Korrektur oder Abzüge auf S/W-Papier anfordert. Ersteres wird bei Großlabors evtl. schwierig sein, letztes ist teuer und fällt nicht gut aus, wenn kein Profi am Werk ist. Meine XP2-Bilder habe ich ganz normal auf Farbpapier abziehen lassen. Sie sind mit einer Brauntönung zurück gekommen, die ich sehr vorteilhaft fand.

Links

Hier sammle ich Links zu Seiten, auf denen es um Fotografie im Kreißsaal geht.

Seite Autor
Moritz - Fotos von einer Geburt Erik Krause

Fotografie

Stefan Heymann, 2002-12-04